Artikel im Fachmagazin etz – Sonderausgabe S4/2025 zur SPS 2025 (November 2025)
Autor: Hans-Thomas Walker (walkerbretting Corporate Publishing GmbH)
Der Layoutgenerator von ELECTRIX Al 2026 generiert aus Stromlaufplänen automatisch ein normgerechtes Schaltschranklayout
Künstliche Intelligenz ist die nächste Revolution – auch in der Elektrokonstruktion und im Schaltschrankbau. Mit ELECTRIX Al 2026 zeigt WSCAD, wie maschinelles Lernen und agentive Systeme Routinetätigkeiten automatisieren und Elektrokonstrukteure spürbar entlasten können.
Die Mechanismen zur Automatisierung von Vorgängen bisheriger E-CAD-Systeme arbeiten nach dem Prinzip des Case Based Reasoning (CBR): Sie greifen auf hinterlegte Beispiele und Regeln zurück. Diese Systeme laufen immer in der einmal eingestellten Art und Weise ab. Sie sind zwar stabil, aber nicht lernfähig. Mit ELECTRIX AI ging WSCAD Ende 2024 einen Schritt weiter. Die KI-basierte E-CAD-Anwendung verfügt über einen AI-Copiloten, der natürliche Sprache versteht, elektrotechnisches Wissen anwendet und Fragen direkt beantworten kann – etwa: „Welchen Draht brauche ich für 32 A?“ oder „Erstelle mir zum Plan 007 eine Materialliste und einen Klemmenplan.“ (Bild 2). Was bislang viele Klicks und Zeit erforderte, erfolgt jetzt in Sekundenschnelle – ganz ohne Kenntnis der Menüstrukturen der Software. Damit entstand im E-CAD erstmals eine intelligente Schnittstelle zwischen Mensch und System: Der Ingenieur fragt oder gibt Anweisungen – die Software versteht, interpretiert und liefert fundierte Ergebnisse.
Automatischer Import von elektrischen Schaltplänen
Mit ELECTRIX AI 2026 setzt WSCAD den Ausbau seiner KI-Architektur fort. Ein neues Element ist der automatische Import von Schaltplänen aus PDF- oder DWG-Dateien mithilfe von KI – ein Schritt mit großer praktischer Bedeutung für Instandhalter und Schaltschrankbauer. Denn in vielen Unternehmen liegen Dokumentationen noch immer als Papierordner oder PDF-Dateien vor. Diese Pläne enthalten wertvolle Informationen, lassen sich jedoch bislang kaum weiterverarbeiten. Die E-CAD-Software erkennt beim Einlesen automatisch Symbole, Leitungen sowie Funktionsgruppen und überführt sie in ein intelligentes Projekt, mit dem direkt weiter gearbeitet werden kann. Maschinen- und Anlagendokumentationen in DWG-, PDF- oder Papierform sind so als Grundlage für den digitalen Zwilling schnell digitalisiert.
Für Schaltschrankbauer bringt diese Funktion erhebliche Vorteile: Sie erhalten Projektdaten ihrer Auftraggeber häufig in unterschiedlichen Formaten. Der KI-gestützte Import konvertiert diese Unterlagen in ein bearbeitbares WSCAD-Datenmodell. So können Konstrukteure unabhängig vom ursprünglichen Dateiformat weiterarbeiten und Projekte ohne Medienbrüche fortführen. ELECTRIX AI 2026 schafft damit eine Brücke zwischen analoger Dokumentation und digitaler Intelligenz – ein wichtiger Schritt hin zum vollständig vernetzten Engineering.
In Verbindung mit der in der WSCAD-Lizenz enthaltenen Cabinet AR App eröffnet sich insbesondere für Instandhalter ein deutlicher Mehrwert: Denn über zuvor angebrachte QR-Labels und einem einfachen Scan per Smartphone oder Tablet erhalten sie vor Ort sofort Zugriff auf alle relevanten Informationen – von der passenden Schaltplanseite über Artikeldaten bis hin zu Herstellerdatenblättern. Mit der 3D-Ansicht des Bauteils können schnell Anschlüsse auf der Rückseite einer Komponente virtuell betrachtet werden, ohne das Bauteil ausbauen zu müssen. Auch Ersatzteilanforderungen lassen sich direkt aus der App heraus anstoßen, während Änderungen vor Ort über die integrierte Redlining-Funktion automatisch in die Dokumentation zurückgespielt werden. Das Ergebnis ist ein gelebter und stets aktueller digitaler Zwilling, der jederzeit den realen Zustand der Anlage widerspiegelt.
Automatisches Schaltschranklayout mit Lernfunktion
Die zweite große Neuerung in ELECTRIX AI 2026 sind die vortrainierten Modelle (Foundation Models) für den Entwurf von Schaltschrankaufbauten. Aus einem Stromlaufplan erzeugt die KI in wenigen Minuten ein Schaltschranklayout – inklusive Platzierung der Komponenten, DIN-Schienen, Kabelkanäle, Routing sowie Berücksichtigung thermischer Vorgaben (Bild 3). Die Software merkt sich kundenspezifische Regeln und Präferenzen. Wird ein Schaltschrank neu generiert, fließen diese Erfahrungen automatisch in den nächsten Entwurf ein. Diese Funktionen beruhen nicht auf fest verdrahteten Regeln, sondern auf maschinellem Lernen. Jede Aktion und jede Korrektur erweitern das interne Modell. ELECTRIX AI 2026 wird so zu einer Plattform, die mit jedem Projekt intelligenter wird.
Entlastung von Konstrukteuren
Die Konsequenz ist tiefgreifend: Konstrukteure müssen weniger konstruieren und haben mehr Zeit für andere Dinge. Ein Schrankaufbau, der früher viele Stunden erforderte, ist nun in wenigen Minuten erstellt. Kunden wie Wago berichten von halbierten Projektlaufzeiten und messbar sinkenden Fehlerquoten. Damit verändert sich auch die Rolle des Konstrukteurs – weg von Routinetätigkeiten, hin zu Planung, Qualitätssicherung und strategischer Steuerung. WSCAD unterstützt diesen Wandel mit der Weiterbildung zum AI Certified Electrical Engineer, einem Zertifikat, das praxisnah den Umgang mit KI im Engineering vermittelt.
ELECTRIX AI 2026 dokumentiert jede KI-Entscheidung revisionssicher – ein zentrales Kriterium für Unternehmen mit hohen Qualitätsanforderungen. Jede automatisch generierte Layout- oder Routing-Entscheidung lässt sich nachvollziehen und anpassen. Damit wird Automatisierung mit Compliance verbunden – ein Aspekt, der in sicherheitsrelevanten Branchen entscheidend ist.
Fazit
Die Zukunft der Elektrokonstruktion liegt nicht mehr in der reinen Datendurchgängigkeit und Digitalisierung bekannter Abläufe, sondern in der Datenintelligenz. ELECTRIX AI 2026 zeigt, wie sich diese Intelligenz Schritt für Schritt in die tägliche Praxis integriert – nicht als Add-On, sondern als Fundament des Electrical Engineerings. Die Software wird damit zu einem lernenden System, das das Wissen eines Unternehmens konserviert und erweitert – ein entscheidender Vorteil, um Know-how bei Ausscheiden von erfahrenen Mitarbeitern im Unternehmen zu halten. Neue Mitarbeiter profitieren von den Erfahrungen ihrer Vorgänger, Auszubildende können sofort produktiv arbeiten und erfahrene Konstrukteure werden von Routineaufgaben entlastet und arbeiten schneller. Der Elektrokonstrukteur bleibt im Mittelpunkt – aber in einer sich wandelnden Rolle als Dirigent eines intelligenten Systems.
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